Fünferfest '94, Zeichnung, 29,7 x 21 cm, paranorm Archiv


Auszug aus „DRÖHNUNGEN" AUTOBIOGRAPHISTISCHE TEXTUR >ANDERERSEITS<
Entstanden c. 1977-1987
Wenn ich Zeit bin, die ekstatischen Harmonien des Lichts höre, 0 ich neundimensionales Maßliebchen, habe ich die Ewigkeit vergessen, tja, aber, ich, die schwappende Welle im Ultrabereich eines jauchzenden Nichts, bleibe mir des Eiters meiner Seele bewußt.
Prinzip Bewegung - ich schöpfe nicht, ich bin die Schöpfung, das Chaos, der energetische Rausch des Zerfallens und des Wiedererstehens, der monotone Kreislauf, Tod und Leben unterschiedlos, die Einheit, die alles ist, nur durchdrungen von sich selbst. Konkret: in die dichte Krone eines Baumes klettern und für immer verschwinden, das Wispern sich wiegender Blätter schlägt hinter mir zusammen. Flucht ist die angemessene Art der Bewegung, denn die Wirklichkeit gibt es nicht, es gibt nur die Wirrklichkeiten, zwischen denen mein Ich & mein geträumtes Ich pendeln, als gelte dies etwas.



Enno P. Gramberg (* 11.11.1946 in Aurich, † 7.1.2000 in Berlin).- Dichter
Enno P. Gramberg schreibt in einem Text, den er pikanterweise IDENTIFIKATION nennt:
Die Zeit des Wortes ist gegangen, hat sich in Schemen des schleierhaften Tages verflüchtigt, sang- und klanglos; die Sprachnacht weiß nicht ein noch aus.
Doch ist gerade Gramberg der verwegenste Sprachtänzer im Bordell der freien Wortverfügbarkeit, der sich - wie mir scheint, und im besten Falle weiß er selbst gar nichts davon - über radikale Fluchtkorridore in Formidyllen der Wortkopulation austobt und im Zentrum der Sprache alles andere aufkommen läßt. Dabei ist es völlig unerheblich, daß die Sprache, deren Wirkung eher in einer Verschiebung, einem Gleiten besteht, offensichtlich jeden Bezug zur Wirklichkeit verloren hat. Denn es geht ihr im Taumel von theatralischer Emphase und monologischem Tango gar nicht um die Abbildung des Außen und auch nicht um die Unterdrückung des artikulierten Wortes und dessen Sinns als darum, den Wörtern eine Bedeutung zu geben, die sie vielleicht im Traum haben.
Möglicherweise - das Wissen um die Illusion stets vorausgesetzt - könnte es dem Dichter als auch dem Schreibenden auf diese Weise gelingen, die Worte aus ihrer totalen Praktikabilität zu entführen und die Sprache vor einem rein maschinellen Dasein zu bewahren.
aus einem Vortrag von P. M. Waschkau, 25. September 1990, Gogol-Institut Leningrad
In: Gesamtverzeichnis - Vorschau Frühjahr '92 "Enno P. Gramberg - Dröhnungen". mink verlag, Berlin